Berlin Im Kabinett : Walther Klemm, Spaziergang mit Carl Thiemann und Richard Graef (?)

Montag 03. März 2025 —
Montag 31. März 2025

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde unseres Kunst- und Autographenhandels,

die drei Künstlerfreunde Walther Klemm (1883-1957), Carl Thiemann (1881-1966) und Richard Graef (?)(1879-1945) spazieren des Weges entlang eines Gewässers. Am gegenüberliegenden Ufer erheben sich Pappeln hinter der saftig grünen Böschung. Die weite Landschaft stößt im Hintergrund an einen blauen Himmel mit Wölkchen. Walther Klemm beteiligte sich 1904 an einer Ausstellung der Wiener Secession und übersiedelte im selben Jahr nach Prag. Hier begegnete er Carl Thiemann und bildete mit ihm eine Ateliergemeinschaft. Die enge Freundschaft führte beide schließlich 1908 in die Künstlerkolonie Dachau nahe München, die Anziehungspunkt namhafter Künstler wie Emil Nolde, Ida Kerkovius, Max Liebermann, Lovis Corinth und Franz Marc war. Hier könnten Sie in Kontakt mit dem Maler Richard Graef, ebenfalls Mitglied der Kolonie, gekommen sein.

Der Spaziergang führt die Gruppe in unserem Gemälde wohl durch das Dachauer Moos, einer von den Flussläufen der Maisach und Amper durchzogenen Moorlandschaft. Walther Klemm staffelt sich selbst zusammen mit seinen beiden Künstlerkollegen als Sinnbild einer Gemeinschaft, die den tragenden Gedanken einer Künstlerkolonie verbildlicht. In einer Bewegung des Aufbruchs besetzen die Figuren die rechte Bildhälfte. Klemm, ganz links, hält eine Schirmmütze und richtet seinen Blick direkt dem Betrachter entgegen. Thiemann, in der Mitte mit Hut und Brille, stützt sich auf seinen Gehstock, den Blick in Wanderrichtung geradeaus. Und Graef hat seine rechte Hand entspannt hinter den linken Arm gehakt. Sein Blick wiederum läuft schräg aus dem Bilde. Die linke Leinwandhälfte bleibt dem der Künstlerkolonie prioritären Thema der Landschaft vorbehalten. In impressionistischer Manier platzierten sich die Künstler im plein air der Dachauer Landschaften und ließen Licht- und Naturstimmung auf sich wirken. Der hellen Farbpalette steht die kompakte Gruppe der dunkel gekleideten Männer im Alter um die 30 Jahre gegenüber. Die Bewegungs- und Blickrichtungen halten das Werk optisch zusammen. Die Wanderer scheinen im Gehen eingefroren, um dem Blick in die Landschaft und ihrer Bewunderung Raum zu geben. So wie es einem Spaziergang in der Natur angemessen scheint: achtsam und mit Staunen.

Dieses Gemälde des Jugendstils, welches noch einen Hauch von Impressionismus atmet, schildert im Alltäglichen eines Spaziergangs die fruchtbaren Synergieeffekte, die insbesondere die Bekanntschaft zwischen Walther Klemm und Carl Thiemann in Form hochkarätiger Farbholzschnitte nach japanischem Vorbild hervorbrachte und ist zugleich Zeugnis des Gemeinschaftsgedankens verschiedener Künstlergruppen, wie sie sich Ende des 19. Jahrhunderts europaweit entwickelten.