Berlin Bild des Monats Dezember
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde unseres Kunst- und Autographenhandels,
die „erste Heldin“ Friedrich Schillers war nicht etwa eine griechische Heroin oder die pflichtbewusst geliebte Mutter, sondern die zwei Jahre ältere Schwester Elisabetha Friederike Christophine (verh. Reinwald 1757-1847), ein kommunikatives, kluges und schöngeistiges Naturell, das – bevor der Bruder halbwüchsig literarisch brillierte – unangefochten als „künstlerische Hand“ der Familie firmierte. Die in Korrespondenz und frühen Biografien besungenen „meisterlich feinen“ Arbeiten der Ältesten waren zweifelsohne Zeugnis einer schöpferischen Begabung, die allerdings über die bürgerliche Mädchenbildung hinaus nicht weiter gefördert wurde, flossen Geld und Erwartungen doch in den einzigen Sohn. Die intrinsisch motivierte Christophine zeichnete Landschaften und Stillleben, kopierte klassische und zeitgenössische Motive, versah Briefe und Alben mit feinsinnigen Illustrationen, fertigte Miniaturen und aquarellzarte Porträts von Freunden und Verwandten. Austausch und Bestärkung fand sie bei Jugend- und Lebensfreundin Ludovike Simanowiz, deren Bildungsweg erfrischend anders verlaufen war. Letztere hatte, von Eltern- und Herrscherhaus adäquat gefördert, an Instituten in Stuttgart und Paris bei namhaften Malern studieren und sich wenig später eine lukrative Position am württembergischen Hofe sichern können.
Die herausragende Porträtistin stand Christophine immer wieder mit technischen und kompositorischen Ratschlägen zur Seite, so dass diese – seit 1786 mit dem 20 Jahre älteren Meininger Hofrat Wilhelm Reinwald verheiratet – das geringe Einkommen ihres Gatten mit Zeichenunterricht für Bürgertöchter gut aufbessern konnte. Die lieblose Verbindung mit dem als geizig, unsozial und kontrollsüchtig beschrieben Reinwald führte immer wieder zu Schaffenskrisen, die erst mit dessen Ableben im Sommer 1815 ein Ende fanden. Die durch mehrere Erbschaften finanziell unabhängige Witwe verließ ihren Wohnort umgehend, kam bei verschiedenen Verwandten unter, reanimierte Lebenslust und Inspiration auf Reisen und zog, der Freundschaft wegen, schließlich doch zurück nach Meiningen. Hier widmete sie sich nicht nur intensiv dem Andenken ihres 1805 verstorbenen und mittlerweile zum Nationaldichter deklarierten Bruders, sondern auch wieder der Kunst, frönte der geliebten Aquarellmalerei und bot ihren Zeichenunterricht nun unentgeltlich an. Die etwas simpler konturierten, leise gefärbten Blumenstillleben wie das hier präsentierte, sind vermutlich in jener Zeit entstanden. Ähnliche Arbeiten werden heute im Weimarer Goethe- und Schiller-Archiv sowie den Meininger Museen aufbewahrt.
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