Leipzig Andreas Wachter – Neue Bilder
Mit Andreas Wachter
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir laden Sie und Ihre Freunde ganz herzlich zur kommenden Ausstellungseröffnung am 18. Mai 2018 um 19.30 Uhr in die Galerie Irrgang nach Leipzig ein. Unter dem Titel „Neue Bilder“ präsentieren wir Ihnen Gemälde des Leipziger Künstlers Andreas Wachter.
Wir freuen uns sehr auf Ihren Besuch!
Mit herzlichen Grüßen
Dirk Bolmerg und Hieronymus Wachter
Über die Bilder und Plastiken von Andreas Wachter ist viel geschrieben
worden. Schon in den ersten Kritiken in der “Frankfurter Allgemeinen
Zeitung“, “Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“, dem “Handelsblatt“ oder
der “Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ der Jahre 1987– 1995 ist von
Symbolbildern, altmeisterlicher Plastizität, thematischer
Verschlossenheit oder klassischen Paradigmen realistischen Malens die
Rede. Ein 1985 veröffentlichter Ausstellungsführer bemüht sogar eine
Traditionslinie zu Heinrich von Kleist. Diese und ähnliche Topoi
finden sich in den Besprechungen von Wachters Kunst bis heute. Indes –
wo dominieren in den Bildern symbolische Chiffrierungen? Wie
altmeisterlich ist das Sujet und der lockere Pinselduktus der mit
“Sonnenschirm“, “Thissower Strand“, “Anstalt“, “Unterführung“ sowie
“Diner“ betitelten Arbeiten? Wendet sich Wachter wie die großen
Realisten tatsächlich gegen eine Subjektivierung, Selbstreferenz oder
ästhetische Innerlichkeit der Kunst? Zeigen die Bilder des Künstlers
nicht vielmehr, dass all diese Figuren keineswegs nur in einer
vordergründigen, vermessbaren Außenwelt, sondern vielmehr in einer von
individuellen Erfahrungen und vom Gruppenschicksal gezeichneten
Innenwelt leben, die von subjektiver Empathie und einem eigenen
Wirklichkeitssinn geprägt wird? Offensichtlich hat der Maler einen
(man kann es nicht anders nennen) vivisezierenden Blick für
Gemütszustände – auch aus autobiographischem Interesse: Er stellt die
Befindlichkeiten des menschlichen Für-, Gegen – und Miteinanders mit
verblüffender ästhetischer Virtuosität dar, aber er bedient keine
psychologischen Erklärungsmodelle, er will nirgendwo einen allgemeinen
Wahrheitsanspruch beispielhaft vorführen. Was macht dieses Œuvre zu
einem Monument im zeitgenössischen Kunstschaffen?
Wachters Welttheater beleuchtet die menschliche Existenz in
verschiedenen Situationen ihrer Lebenssphäre, er führt uns anhand von
Bildern wie “Eingepackt“, “Stillleben“ oder “Sonnenberg“ zur
Erinnerung geronnene Facetten kindlichen Daseins vor Augen und
thematisiert in Werken wie “Anstalt“, “Schlaf“, “Diner“ oder anhand
der Terrakotta “Frau“ die Zerrissenheit unseres jetzigen postmodernen
Zeitalters. Die bildliche Evidenz des Werkes von Wachter resultiert
aus einer ungewöhnlichen, intensiven Farbigkeit (“Seilspringerin“,
“Der Wagen“, “Sonnenschirm“ oder “Tanke“), raffinierten Licht- und
Schattenwirkungen (etwa “Atelier“, “Fenster“, “Palatin“, “Santa Maria
di Leuca“), einem überraschenden Bildaufbau (beispielsweise “24“,
“Schlaf“, “Fragmente“ und “Sonnenberg“) sowie der Mimik und den ganz
bewusst gesetzten Gesten und Gebärden seiner Figuren. Kleinen Details,
wie etwa den sorgsam gestalteten Händen in den Arbeiten “Atelier“,
“Anstalt“, “24“ oder “Schlaf“ kommt eine eigene Signifikanz und
Bedeutung zu – so, wie den tatsächlichen und vermeintlichen Blicken in
den Bildern “Atelier“, “Fragmente“ oder “Schlaf“. In ihrer Verdichtung
sind die Figuren überaus ein-, aber nicht aufdringlich, sie verkörpern
ihre Individualität und ihre arkane Innenwelt. Der sublime Blick des
Malers enthüllt Wirklichkeiten, aber er ästhetisiert sie auch nach
seiner Intuition. Demonstriert nun der an die verschatteten
Mönchsgestalten des spanischen ‘Siglo de Oro‘ erinnernde, außerhalb
des Szenarios stehende Kapuzenträger im Meisterstück “Schlaf“ seine
Unnahbarkeit oder ist das nur unsere Wahrnehmung? Ist sich das im
Atelier stehende Modell seiner jugendlichen Sinnlichkeit und Anmut
bereits bewusst, und wem gilt der nachdenkliche Blick des kleinen
Mädchens mit der Stupsnase und den Zöpfen im Strandbild “24“?
Die Ausstellung ‘Neue Bilder‘ zeigt jüngst entstandene Arbeiten, aber
sie zeigt auch einen unverwechselbaren und innovativen Kontrapunkt zum
Mainstream des gegenwärtigen Galeriebetriebs. Zweifellos zählt Wachter
zu den bedeutendsten Vertretern der Leipziger Schule und zu den
wirklich auffälligen zeitgenössischen Künstlern. Es hat sich
bewahrheitet, was der Direktor des ‘Sprengel Museums‘ Hannover, Dieter
Ronte, 1992 über den Maler äußerte: Wachters Bilder sind nicht bloß
“Darstellung“, sondern “eine Verlebendigung von unseren Gefühlen,
Stimmungen, von Emotionen, Ängsten, psychischen Notierungen“, sie
haben “reale Substanz“.
York-Gothart Mix, Marburg