Berlin Juana Anzellini – (Nicht) Sehen Wollen / (Nicht) Sehen Können
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir freuen uns sehr, Sie und Ihre Freunde zur Ausstellungseröffnung mit neuen Arbeiten der kolumbianischen Künstlerin Juana Anzellini am 24. August 2018 um 18.00 Uhr in die Galerie Irrgang nach Berlin einladen zu dürfen.
In ihren jüngsten Arbeiten beschäftigt sich die 1985 in Bogotá geborene Künstlerin mit dem Thema Blindheit, die sie nicht allein als körperliche sondern auch als geistige Einschränkung verstanden wissen will. Im Spannungsfeld zwischen (Nicht) Sehen Können und (Nicht) Sehen wollen spürt Anzellini in ihren Bildern und Installationen visuellen und kognitiven Wahrnehmungsprozessen nach. Dabei entwickelt sie eine eigenständige Darstellungsform, mit der sie die primär visuelle Beziehung des Betrachters/der Betrachterin zu einem Motiv aufbricht und deren (Nicht-) Sehfähigkeiten hinterfragt.
Juana Anzellinis fast monochrome, mit wenigen Farben prononcierten Arbeiten zeigen verdichtete Kompositionen einander überlagernder Figuren und Gesten, deren Vielschichtigkeit und Tiefe sich erst allmählich erschließt. Das hierfür notwendige langsame Herantasten mit den Augen vergleicht die Künstlerin mit dem Vorgehen Blinder, die durch vorsichtige Berührungen mit Fingern und Handflächen versuchen, sich ein Bild von dem ihnen noch unbekannten Objekt zu machen.
Das also Sehen für Anzellini auch eine rein körperliche Aktion sein kann, zeigt sich nicht zuletzt in ihrer neuen Wandinstallation, bei der das komplementäre Begriffspaar „Sehen und Berühren/See and Feel“ ganz wörtlich genommen wird. Die aus Rosshaar geflochtenen Buchstaben hierfür wurden in einer Blindenwerkstatt in Berlin Kreuzberg angefertigt und fordern den Besucher/die Besucherin unmittelbar zum Anfassen und Spüren auf.
Für die Ausstellung hat die Künstlerin Anzellini einige ihrer Bilder auf dünne Stelzen aus Holz montiert. Die dadurch geschaffene Möglichkeit, die Arbeiten nicht nur im Raum frei zu bewegen, sondern sie auch außerhalb davon platzieren zu können, macht auf das Problem des (Nicht) Sehen Wollens aufmerksam. Denn gerade im öffentlichen Raum, wo sich stetig alles bewegt und verändert, sind Menschen anzutreffen, die ihre Blicke nach innen auf sich gerichtet halten. Die Unfähigkeit oder die mangelnde Bereitschaft, in dem Gesehenen auch etwas zu erkennen empfindet Anzellini als Beschränkung des von ihr intendierten ganzheitlichen Wahrnehmungsprozesses. Denn erst im Zusammenspiel wird aus dem Nicht Sehen Können und Nicht Sehen Wollen ein Sehen Können und Sehen Wollen.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
Mit herzlichen Grüßen
Hieronymus und Tobias Wachter